Bernd, was hat Dich denn damals motiviert, die Leitung und den Aufbau des Forschungs- und Innovationszentrums KODIS zu übernehmen?
Bernd: Was mich wirklich motiviert hat, den Forschungsbereich seit 2019 aufzubauen, war, dass ich schon damals die Möglichkeiten gesehen habe, die der Standort Heilbronn bietet: Auf der grünen Wiese etwas Eigenständiges aufbauen. Das war sicher die zentrale Herausforderung und auch Chance. Dass das Ganze sehr nah an Servicethemen angelegt werden sollte, war natürlich auch inhaltlich reizvoll. Zumal sich damals schon abgezeichnet hat, dass Daten und Künstliche Intelligenz für Servicethemen immer wichtiger werden. Die Verbindung aus inhaltlicher Weiterentwicklung und den organisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten des Aufbaus war für mich letztlich der ausschlaggebende Punkt.
Welche Forschungsthemen und Entwicklungen haben Dich besonders geprägt? Nicht nur in Deiner Zeit bei KODIS, sondern auch beim Fraunhofer generell?
Bernd : Ich habe mich schon früher mit Themen wie IoT und Datenanwendungen beschäftigt, etwa im Bereich Predictive Maintenance. Mit dem Projekt »Smart Campus Initiative« konnten wir diese Themen auch auf den Bildungscampus in Heilbronn übertragen. Dabei ging es uns nie nur um die rein technische Komponente, sondern immer auch um die ganzheitliche Betrachtung, also wie Menschen die Technologie nutzen und die Berücksichtigung organisatorischer Aspekte. Insgesamt also haben die Themen Serviceprozesse, Datenerfassung und -analyse meine Arbeit stark geprägt. In jüngerer Zeit kam das Thema generative KI hinzu, das mit einer unglaublichen Geschwindigkeit und Dynamik neue Impulse setzt.
Was bedeutet für Euch persönlich kognitive Dienstleistungssysteme?
Bernd : Dienstleistung bedeutet für mich, dass man Wertschöpfung aus einer Kundenperspektive betrachtet, und durch die Digitalisierung können kundenbezogene Prozesse miteinander verknüpft werden, die vormals isoliert voneinander standen. Dadurch entstehen digitale, intelligente Wertschöpfungssysteme, die Menschen und Daten zusammenführen. Für mich sind kognitive Dienstleistungssysteme genau das: digital vernetzte Prozesse, in denen der Mensch trotz aller Technologien weiterhin eine zentrale Rolle spielt.
Jens: Kognitive Technologien bedeuten für mich, dass innovative technologische Systeme Daten sammeln und daraus Wissen generieren und Handlungsempfehlungen ableiten. Auf diese Weise können Umwelt und Kontext besser wahrgenommen und Lösungen entwickelt werden, die optimal auf die jeweilige Situation zugeschnitten sind. Solche Lösungen entstehen in unterschiedlichen Systemen, etwa in Business-Ökosystemen, in denen mehrere Akteure gemeinsam Geschäftsmodelle entwickeln, in soziotechnischen Systemen, in denen Menschen und Technologien zusammenwirken, oder in Datenökosystemen, in denen Informationen geteilt und genutzt werden. Im Kern geht es bei kognitiven Dienstleistungssystemen also darum, auf Basis von Daten individuelle und kontextangepasste Lösungen für Probleme bereitzustellen.
An welche Ereignisse am IAO und auch insbesondere in Heilbronn wirst Du Dich besonders gerne erinnern?
Bernd: Da gibt es natürlich sehr viele. Am IAO werde ich mich vor allem an die vielen netten Menschen erinnern, an den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Projekten, auch über die Arbeit hinaus. Das ist etwas, was ich immer damit verbinden werde.
Und in Heilbronn? Da fallen mir ebenfalls viele Dinge ein. Mein persönliches Highlight ist, dass wir bei der Beantragung des IPAI mitwirken durften. Außerdem, dass wir es geschafft haben, dort einen eigenen Forschungsbereich aufzubauen. Angefangen mit drei oder vier Leuten. Und dann zu sehen, wie das Ganze zu einem funktionierenden organisatorischen Gefüge wächst, mit eigenständigen Kernkompetenzen und technischer Infrastruktur im Rücken, das war schon etwas Besonderes.
Was waren für Dich die größten Herausforderungen in den letzten Jahren und wie bist Du damit umgegangen?
Bernd: Ich denke, für alle war Corona und die damit verbundene Veränderung der Arbeitswelt eine riesige Herausforderung. Insbesondere dann, wenn man gleichzeitig einen neuen Standort an einem anderen Ort aufbauen soll und will. Eine weitere Herausforderung war sicherlich auch und ist es immer noch, die richtigen Leute zu finden und nach Heilbronn zu bekommen, wobei ich finde das hat ganz gut funktioniert und mittlerweile haben wir ein tolles Team zusammengestellt, das stetig wächst und gedeiht. Es war auch eine große Aufgabe, den organisatorischen Aufbau und die inhaltliche Entwicklung gleichzeitig voranzutreiben. Das war für alle, für Mitarbeitende wie auch für Führungskräfte, eine besondere Herausforderung.
Gibt es gemeinsame Erlebnisse oder Anekdoten, die Euch besonders in Erinnerung bleiben?
Bernd : Jens und ich führen gelegentlich konspirative Gespräche bei einem Bier, das sind definitiv Momente, die in Erinnerung bleiben. Darüber hinaus waren wir früher auch gemeinsam in einer Abteilung tätig, im Bereich Dienstleistungsmanagement. Zwar hatten wir dort nicht so viele direkte Schnittstellen, aber wir sind am IAO mit ähnlichen Themen und Fördergebern sozialisiert worden, was uns verbindet.
Jens: Besonders wertvoll waren für mich ebenfalls unsere konspirativen Treffen. Zudem hat Bernd es immer geschafft, Freiraum mit Verantwortung zu verbinden, Eigenständigkeit zu fördern und dabei offen für die Argumente anderer zu sein. Mit seiner breiten Expertise, seinem Pflichtbewusstsein und Engagement sorgt er dafür, dass die Arbeit mit viel Freude einhergeht.
Was möchtest Du dem Forschungsbereich KODIS für die Zukunft mitgeben?
Bernd: Bleibt neugierig, tauscht euch aus, vernetzt euch, nehmt den Standort Heilbronn und das Ökosystem als Chance wahr. Entwickelt euch aber auch inhaltlich und organisatorisch permanent weiter. Und feiert gemeinsam Erfolge! Das ist manchmal zu kurz gekommen.
Wie möchtest Du die Zusammenarbeit mit Praxispartnern künftig gestalten?
Jens: Es wäre besonders spannend, wenn wir die lokalen Partner noch stärker einbeziehen, um innovative Themen in diesem Ökosystem gemeinsam voranzutreiben und anschließend zu skalieren. So könnten Lösungen, die beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Stadt in Form eines Reallabors oder Innovationsfelds entwickelt werden, auch von anderen Städten nachgeahmt werden. Heilbronn bietet dafür gute Voraussetzungen, da hier zahlreiche unterschiedliche Partner an einem Ort sind und Wissenschaft und Wirtschaft zunehmend enger zusammenwachsen. Entscheidend ist dabei eine langfristige und enge Zusammenarbeit mit den Partnern.
Gibt es irgendwas, was Du Bernd mit auf den Weg geben möchtest?
Jens: Ich freue mich, dass Bernd dem Ökosystem erhalten bleibt und die Themen, für die er in den letzten sechs Jahren gebrannt hat, auch weiterhin begleiten und seine Expertise einbringen kann. Dafür wünsche ich ihm viele schöne Momente, viel Freude und alles Gute für die Zukunft!