Interview mit Alexander Noack
Warum kann generative KI gerade in der Serviceentwicklung eine große Hilfe sein?
Die Serviceentwicklung umfasst viele Aufgaben, in denen der Einsatz generativer KI denkbar ist. Vor Kurzem haben wir im Rahmen einer Publikation KI-Experten dazu befragt, wo und wie generative KI in der Serviceentwicklung sinnvoll eingesetzt werden kann. Ein Ergebnis war, dass generative KI insbesondere in den frühen Phasen wie bei der Ideenfindung oder Anforderungsanalyse helfen kann. So können z. B. Sprachmodelle bei der Ausarbeitung und Reflektion von Ideen unterstützen. Aber auch in der Analyse oder zur Erhebung größerer Datenmengen - wie es bei der Anforderungsanalyse oftmals nötig ist - macht der Einsatz Sinn. Ein Beispiel ist die KI-basierte Auswertung von Kundenbefragungen oder auch die Nutzung von KI-Personas, die Anspruchsgruppen, z. B. bestimmte Kundentypen, an meinen Service repräsentieren und dadurch frühzeitig Feedback zu Service-Ideen und -Prototypen liefern können.
Der Demonstrator »Persona Check« setzt genau hier an. Was ist die Idee dahinter?
Der Demonstrator »Persona Check« zeigt, wie man mit KI-Personas bereits möglichst früh in der Entwicklung Feedback zu Service-Ideen und -Prototypen einholen kann. Um das Konzept greifbarer zu machen, haben wir uns für den Demonstrator einen konkreten Use-Case überlegt und visualisiert: den »Gesundheitsaufzug«. Ein potentieller Fahrgast kann diesen nutzen, um seine Vitalparameter während der Fahrt zu messen, beispielsweise um frühzeitig Anzeichen eines Schlaganfalls zu erkennen. Für diesen Use Case haben wir zwei KI-Personas erstellt, einen Endnutzer des Aufzugs und eine Betriebsärztin. Die Nutzenden versetzen sich in die Rolle der Serviceentwickler und tauschen sich mit den Personas aus, um deren Feedback zum Gesundheitsaufzug einzuholen. Was wir in unserem Demonstrator zeigen, ist aber nur ein Beispiel. Das Prinzip ist natürlich auf viele Services und grundsätzlich auch auf die Produktentwicklung übertragbar. Die Voraussetzung ist, dass ich als Unternehmen bzw. Entwickler meine Anspruchsgruppen ermitteln kann und im Idealfall bereits Daten zu diesen gesammelt habe. Hintergrund des Ganzen ist es, die Chancen auf eine erfolgreiche Markteinführung für einen neuen Service zu erhöhen, indem z. B. Kundenbedürfnisse so früh wie möglich in der Entwicklung berücksichtigt werden, bevor schließlich reale Personen in den Testprozess einbezogen werden. Im Idealfall bin ich damit schneller in der Entwicklung und vermeide Kosten durch gescheiterte Services.
Wie funktioniert die Interaktion mit KI-Personas?
Die Interaktion funktioniert wie eine normale Unterhaltung: Besucherinnen und Besucher sprechen in ein Mikrofon und die KI-Personas antworten mit einer KI-generierten Stimme. Die Spracheingabe wird im Hintergrund in Text umgewandelt, ein Sprachmodell generiert dann eine Antwort auf die Frage, die wiederum von Text in Sprache umgewandelt wird. Im Fall des Demonstrators nutzen wir die Echtzeit-Schnittstelle von OpenAI, durch die man nahezu in Echtzeit mit den KI-Personas sprechen kann. Für Anwendungen im Unternehmenskontext planen wir aber auch die Einbindung anderer KI-Modelle, die lokal betrieben werden können, sodass keine Unternehmensdaten nach außen dringen können.
Persona Check nutzt nicht nur generative KI, sondern auch Metaverse-Technologien. Was sind die Vorteile dieser Kombination?
Die Kombination ermöglicht eine einfachere Präsentation von Ideen. Die Visualisierung eines Service-Prototyps bleibt besser im Gedächtnis als eine Beschreibung per Text. Wenn ich eine Idee präsentieren möchte, sei es einem Investor oder Stakeholdern, schafft die Visualisierung schneller ein gemeinsames Verständnis. Die reine Visualisierung hat aber genau genommen noch nicht viel mit dem Metaverse zu tun. Metaverse bedeutet für uns in diesem Kontext, dass zum einen ein Austausch mit den KI-Personas in der virtuellen Umgebung zu einem visualisierten Service-Prototyp möglich ist. Zum anderen sollen die KI-Personas zukünftig einen Prototyp auch visuell wahrnehmen und ggf. sogar Anpassungen am Prototyp triggern können.
Der Demonstrator kam auf der Hannover Messe 2025 zum Einsatz. Welches Feedback kam von Besucherinnen und Besuchern?
Die Reaktionen waren sehr positiv. Durch den Demonstrator sind wir mit vielen Besuchern ins Gespräch gekommen und auch wenn Themen wie KI-Personas und Metaverse zunächst für viele abstrakt erschienen, konnten wir mit dem Demonstrator aufzuzeigen, woran wir arbeiten und was heute schon möglich ist. Begeistert haben vor allem die natürliche Interaktion in Echtzeit. Aber auch die hervorragende Visualisierung der Avatare, die in Kooperation mit der Firma b.ReX entstanden ist, wurde gelobt. Unterhaltsam war nebenbei auch der schwäbische Dialekt und Humor, den man den Personas entlocken konnte. Gefreut haben wir uns außerdem über das Lob unserer Wissenschaftsministerin Petra Olschowski, die ebenfalls unseren Demonstrator ausprobiert hat.
Ein Unternehmen möchte neue Services auf den Markt bringen und plant, KI-Personas in der Entwicklung einzusetzen. Wie kann das Forschungszentrum KODIS dabei unterstützen?
Hier gibt es mehrere Möglichkeiten mit uns zusammenzuarbeiten. Zum Beispiel können wir bei einem Unternehmen, das noch keine Erfahrungen mit dem Thema KI-Personas gemacht hat, eine technologische Machbarkeitsanalyse durchführen. In diesem Fall schauen wir uns an, wo ein Einsatz von KI-Personas im Unternehmen sinnvoll und umsetzbar ist, und entwickeln ggf. einen Softwareprototyp. Eine weitere Frage ist, ob im Unternehmen bereits Daten vorhanden sind, die eine Grundlage für die Erstellung von KI-Personas bilden oder ob diese erst erhoben werden müssen. Wir schauen uns am KODIS die Pipeline von einer mehr oder weniger vorhandenen und strukturierten Datenbasis bis zur fertigen KI-Persona an und können Unternehmen daher systematisch bei der Entwicklung unternehmensspezifischer KI-Personas unterstützen. Darüber hinaus ist es für uns wichtig, dass wir am Ende auch bewerten können, wie gut die KI-Personas funktionieren, also zum Beispiel, wie konsistent sich das dahinterliegende Sprachmodell an seine Rolle hält. Denn unspezifische und damit meist wenig relevante Aussagen können auch von herkömmlichen Chattools generiert werden. Es gilt: Je besser und unternehmensspezifischer eine KI-Persona die dahinterliegende Personengruppe repräsentiert, desto relevanter ist auch ihr Feedback. Dies zu beurteilen, ist ebenfalls Teil unserer aktuellen Forschung. Wir bewegen uns aber auch hier nah an der Praxis und setzen reale Use Cases mit Unternehmenspartnern um.