KI-Toolbox für Versorgungsunternehmen: Modul Personal

© Golden Sikorka – Adobe Stock / Fraunhofer IAO

Die Einführung von KI erfordert u. a. nicht nur technisches Know-How, sondern muss auch die Kompetenzen der Beschäftigten in den Blick nehmen. In diesem Modul erfahren Sie, wie Sie dabei vorgehen können und welche Anforderungen an Beschäftigte und Führungskräfte gestellt werden.

Im Zuge der digitalen Transformation gewinnt der Stellenwert von Künstlicher Intelligenz und des Machine Learnings in Unternehmen aller Branchen zunehmend an Bedeutung. Kommunale Unternehmen sind davon nicht ausgenommen, vielmehr stehen diese in der digitalen Transformation besonders unter Druck, da hier der Personal- und Fachkräftemangel bereits heute schon massiv zum Tragen kommt. Die überwiegende Anzahl an Unternehmen steht somit vor der Frage, ob die bei ihren Beschäftigten vorhandenen Kompetenzen den zukünftigen Entwicklungen Rechnung tragen und zudem passfähig sind. Aktuelle Studien von WEF zeigen, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt und insbesondere Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz dazu führen, dass sich die bestehenden Berufsbilder und Tätigkeiten gravierend verändern und neue Anforderungsprofile entstehen werden. Die Personalentwicklung wird mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert: Einerseits frühzeitig zu erkennen, wie die Kompetenzen der Beschäftigten (weiter-)zuentwickeln und welche Maßnahmen daraufhin anzustoßen sind. Dabei sind auch insbesondere Führungskräfte und die sich verändernden Anforderungen an Führung in den Blick zu nehmen. Andererseits muss die Personalentwicklung sich aber auch der kritischen Frage stellen, ob angesichts der angestrebten Neuausrichtungen weiteres Fachpersonal mit spezifischen Kompetenzen angeworben werden muss. Dies erfordert ein systematisches Vorgehen, eine enge Verzahnung der personalbezogenen Entwicklungen mit der Unternehmensstrategie und nicht zuletzt den Einsatz von Methoden wie beispielsweise der Qualifikationsbedarfsanalyse. Mithin sind auch Entscheidungen zu treffen, ob KI-basierte Verfahren bei der Suche, der Auswahl und der gezielten Weiterentwicklung von Personal zum Einsatz kommen soll.

Welche Kompetenzen werden in einer digitalisierten Arbeitswelt benötigt?

Für viele Beschäftigte in der Versorgungswirtschaft ist die Digitalisierung fester Bestandteil ihrer täglichen Arbeit, denn der professionelle Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien hat betriebliche Abläufe, Arbeitsprozesse und Arbeitsinhalte bereits erheblich verändert. Wenn die Einschätzungen von Expert*innen zutreffen, dann ist davon auszugehen, dass durch die Einführung und Nutzung von KI in Unternehmen weitere spezifische und grundlegende digitale Kompetenzen benötigt werden, welche von allen Beschäftigten – IT-Spezialisten sowie Fach- und Führungskräften – aus- und weitergebildet werden müssen. Doch welche Kompetenzen sind das? Konkrete Hinweise dazu sind in neueren Studien des Stifterverbands zu finden. Kompetenzen, die etwa von IT-Spezialisten beherrscht werden müssen, sind der Umgang mit transformativen Technologien. Hier sind Fähigkeiten gefragt wie z. B. komplexe Datenanalyse, nutzerzentriertes Design (UX), Web-Entwicklung sowie die Konzeption und Administration von vernetzten IT-Systemen etc. Diese Fähigkeiten sind aber nicht ausschließlich bei den Spezialisten angesiedelt, vielmehr wird vor allem die Kompetenz komplexer Datenanalysen von nahezu allen Beschäftigten zukünftig den Arbeitsalltag prägen und diese konsequenterweise mit weiteren Fähigkeiten, wie betriebswirtschaftliches sowie kunden- und marktorientiertes Denken, in Bezug setzen.

Auch wenn es naheliegt, dass digitale Fachkompetenzen von besonderer Bedeutung sind, so zeigt sich in einer aktuellen Fraunhofer-Studie, dass auch nicht-digitale Schlüsselqualifikationen von allen Beschäftigten beherrscht werden müssen. Diese beziehen sich auf Fähigkeiten zum Arbeiten in agilen Projektstrukturen, zum bereichsübergreifenden Denken und Handeln, zur Kooperation und Netzwerkbildung, zur Service- und Kundenorientierung, zum Denken in Geschäftsmodellen sowie auf Durchhaltevermögen und Kreativität.

Bedarf an Weiterbildungsangeboten und digitalen Rekrutierungsstrategien steigt

Die wachsenden Anforderungen an Kompetenzentwicklung und Qualifizierung führen auch dazu, dass der Bedarf an betrieblicher Weiterbildung deutlich ansteigen wird. Expert*innen gehen davon aus, dass es aber nicht nur zu einem Bedeutungszuwachs kommen wird, sondern dass sich die betriebliche Weiterbildung insgesamt verändern wird und sich der Dynamik der digitalen Transformation hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit und der Aktualität von Weiterbildungsinhalten anpassen muss. Mehr Flexibilität ist somit in Unternehmen gefordert, ein Umdenken und die kritische Überprüfung und Anpassung bisheriger Vorgehensweisen, insbesondere dann, wenn die betriebliche Weiterbildung bereits beim Onboarding startet und die Beschäftigten während des gesamten Arbeitslebens individueller und zielgerichteter begleitet werden als bisher. Möglich und unterstützt wird das durch ein Spektrum an digitalen Weiterbildungsmöglichkeiten, welches sich in der letzten Zeit enorm erweitert hat und damit nahezu alle Bedürfnisse der Beschäftigten hinsichtlich Breite und Tiefe des Kompetenz- und Wissenserwerbs berücksichtigt und nicht zuletzt auch dem Wunsch nach zeitlicher und örtlicher Flexibilität entgegenkommt. Die Lerninhalte werden zunehmend auch auf Plattformen außerhalb des eigenen Unternehmenskontextes integriert und können, nach erfolgreicher persönlicher Anmeldung, praktisch von allen Interessierten abgerufen werden (z. B. XING, LinkedIn). Auch hierbei werden die Potenziale von KI mehr und mehr genutzt, wie neuere Beispiele zeigen. Dabei werden u. a. Matching-Algorithmen eingesetzt, welche Jobsuchenden auf Basis ihres individuellen Kompetenzprofils Kurse vorschlagen, um bestehende Kompetenz-Lücken zu schließen. Bewerbende erhöhen damit ihre Chance, als geeignete Bewerber*innen bei der Auswahl stärker berücksichtigt zu werden.

Doch auch bei der Gewinnung von Fach- und Führungskräften verändern sich die Vorgehensweisen. Es zeigt sich der Trend zum Social-Media-Recruiting, das darauf abzielt, in beruflichen und privaten Netzwerken direkten Kontakt mit potenziellen Kandidat*innen aufzunehmen. Zudem sollten Maßnahmen wie das Employer Branding und das Active Sourcing zum Standard der digitalisierten Personalgewinnung werden. Wie dabei vorzugehen ist und wie das gelingen kann, dazu finden sich in unserer aktuellen Publikation praxisnahe Hinweise.

Anforderungen an Führungskräfte in der digitalen Transformation

Führung auf Augenhöhe und partizipativer Führungsstil gelten als die zentralen Erfolgsfaktoren in der digitalen Transformation sowie in den damit eingehergehenden Veränderungsprozessen in den Unternehmen. Zu beobachten ist: Die digitale Transformation und die Einführung von KI lösen bei den Beschäftigten mitunter Bedenken, Sorgen und auch Widerstände aus. Führungskräfte sind somit mehr denn je gefordert, die unterschiedlichen Interessen, Bedürfnisse und Ansprüche etc. zu berücksichtigen und auszubalancieren, um die Beschäftigten wirkungsvoll im Arbeitsprozess zu unterstützen. Dabei sind Führungskräfte mit einer doppelten Herausforderung konfrontiert: einerseits die Beschäftigten in der digitalen Transformation mitzunehmen, andererseits die eigenen (Führungs-)Kompetenzen zu erweitern und anzupassen. Führungskräfte müssen zukünftig verstärkt ihr Repertoire an situationsspezifischen Führungs- und Verhaltensweisen erweitern und das zudem in fach- und bereichsübergreifenden, interdisziplinären und heterogenen Teams unter Beweis stellen. Für viele Führungskräfte bedeutet das bereits heute, weniger Zeit für fachliches Führen und dafür mehr zeitliche Kontingente für Interaktionen aufzuwenden, insgesamt den Kontakt zu den Beschäftigten zu halten und auszubauen, in virtuellen Settings zu kommunizieren und eben auch auf die verschiedenen Belange der Beschäftigten einzugehen. Denn es gilt, den Beschäftigten aktive und umfassende Mitsprache- und Mitgestaltungsmöglichkeiten im Transformationsprozess einzuräumen und sie an Entscheidungen direkt zu beteiligen. Dadurch können ihre Perspektiven, Erfahrungen, Wissensbestände und Optimierungsvorschläge erschlossen sowie die Akzeptanz gefördert werden. Dies wird für Führungskräfte insbesondere deshalb wichtig, da digitale Technologien auch nach ihrer Implementierung bzw. nach der Pilotphase kontinuierlich angepasst und optimiert werden müssen. Führung setzt hier auf eine partizipativ gestaltete Einführung und laufende Optimierung bzw. Weiterentwicklung von Technologien, Produkten und Services. Dabei eröffnet sich eine große Bandbreite an möglichen Methoden und Instrumenten (z. B. Workshops, Coaching, Konfliktmanagement etc.) für die Partizipation und die Gestaltung und Begleitung des Veränderungsprozesses.