Die Zukunft des Parkens

Intelligent vorankommen

© Martin Albermann

Wie lässt sich Stadtverkehr effizienter gestalten? Und was müssen Kommunen tun, um insbesondere die ineffiziente Nutzung des Autos in Städten zu begrenzen? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich die »Innovationsplattform Parken«. Neben smarter Verkehrsdatenanalyse geht es hier auch um das Parkhaus der Zukunft: den Mobility Hub. 

© Ludmilla Parsyak.
»Wir öffnen unsere Park-Infrastruktur für alternative Nutzungsformen.« Frank van der Sant, Chief Commercial Officer bei APCOA Parking

Wer einen Eindruck von der Zukunft des Parkens bekommen will, sollte zum Stuttgarter Flughafen fahren. Gleich neben dem Terminal, im Parkhaus P6, gibt es einen Bereich, in dem man sein Auto abstellen kann – und dann fährt es wie von Geisterhand zu einem freien Parkplatz. Der Parkhausbetreiber Apcoa hat in dem Betonklotz aus den 1970er Jahren das automatisierte und fahrerlose Parksystem Automated Valet Parking eingebaut. Kameras, Sensoren und ein Computersystem weisen dem Auto den Weg. Bisher funktioniert das mit zwei Modellen von Mercedes-Benz.   

Wer einen Eindruck von der Zukunft des Parkens bekommen will, kann aber auch am dritten Freitag im September eine vielbefahrene Straße in einer deutschen Großstadt aufsuchen. Durchaus möglich, hier auf Menschen zu treffen, die es sich mit Rollrasen und Liegestühlen auf einem Parkplatz gemütlich gemacht haben. Am jährlich stattfindenden »Park(ing) Day« nämlich setzen sich Aktivistinnen und Aktivisten für einen Wandel der Innenstädte ein. Ihre wichtigste Forderung: weniger Autos.

Es scheint, als stünden sich da zwei Seiten unversöhnlich gegenüber: Limousine gegen Klapprad, Anzug gegen Strickpulli, Verkehrsclub und Fahrradverein gegen Bosch und Daimler. Doch bei genauer Betrachtung wird deutlich: Es geht auch miteinander. Melanie Handrich etwa ist davon überzeugt, dass man in Zukunft beides brauche: Mehr smarte Parkhäuser und weniger Parkplätze in der Innenstadt. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungs- und Innovationszentrum KODIS des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Heilbronn forscht an der Zukunft des Parkens. »Um Städte lebenswert zu gestalten, muss die Zahl der Autos reduziert und der Umgang mit öffentlichem Raum neu gedacht werden«, sagt sie. »Und die Parkflächen, die es noch gibt, sollte man möglichst effizient nutzen.«

Etwa, indem man Mobilitätsdrehscheiben schafft. Eine Lösung sieht Handrich deshalb in sogenannten Mobility Hubs, also Orten, an denen sich verschiedene Verkehrsmittel kreuzen. Ist so ein Hub beispielsweise am Stadtrand platziert, könnten Pendelnde hier ihr Auto abstellen, um die letzten Kilometer ins Zentrum mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Mikromobilitätslösungen wie E-Bikes, E-Lastenrädern oder E-Scootern zurückzulegen.

Gleichzeitig werden in Mobility Hubs auch Waren und Dienstleistungen angeboten. Hier kann man sein E-Auto aufladen oder nach der Arbeit einkaufen gehen. Paketboten könnten Päckchen direkt in den Kofferraum liefern. »Wenn alles an einem Ort gebündelt ist, fallen zahlreiche Fahrten weg«, sagt Handrich. Das zeigten vergleichbare Projekte in den USA.

Um über die Umsetzung solcher Ideen zu diskutieren, hat KODIS im Jahr 2022 die »Innovationsplattform Parken« ins Leben gerufen. Auf der Fachtagung in Heilbronn treffen sich nun alle zwei Jahre die wichtigsten Akteure der Parkbranche. Mit dabei: Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen und Parkhaus-Betreibergesellschaften sowie Technologie- und IT-Unternehmen. Bei der Auftaktveranstaltung im Juni 2022 stand die Steuerungswirkung und der Nutzen von kommunalem, datengestütztem Parkraummanagement im Fokus.

»Das datengestützte Parkraummanagement ist kein Nischenthema, sondern steht künftig im Zentrum einer innovativen Stadtentwicklung. Hier fließen Mega-Themen wie nachhaltige Mobilität, digitale Service-Konzepte und flexibles Flächenmanagement unmittelbar zusammen«, sagt Bernd Bienzeisler, Leiter vom KODIS. Deswegen sei die Innovationsplattform Parken auch viel mehr als eine Fachtagung. »Es ist ein Netzwerk, das Initiativen startet, damit das Parken der Zukunft gestalten wird«, sagt Melanie Handrich. 

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»Im Bereich Parken findet in Deutschland gerade der digitale Wandel statt.« Ulrich Fleps, Geschäftsführer bei der Scheidt & Bachmann Parking Solutions Germany GmbH

Dass reine Parkhäuser ein Relikt von gestern sind, hat auch der Parkhausbetreiber Apcoa längst verstanden. »Die Trends Urbanisierung, Digitalisierung und neue Mobilitätsformen verändern unser Lebensumfeld, insbesondere im städtischen Umfeld (…). Für APCOA heißt das, unsere digitale und physische Park-Infrastruktur auch für alternative Nutzungsformen aus den Bereichen Mobilität, Logistik und Technologie zu öffnen.«, sagt Frank van der Sant von Apcoa. Parkflächen würden so zu Logistikumschlagzentren für die Verteilung auf der letzten Meile, Drehscheibe für Shared-Mobility-Angebote sowie zu Ladestationen für E-Fahrzeuge. Glaubt man van der Sant, dann ist es kein weiter Weg vom Parkhaus zum urbanen Dienstleistungszentrum.

»Im Bereich Parken findet in Deutschland gerade der digitale Wandel statt – dieser bietet viele Möglichkeiten, den gesamten Parkprozess zu vereinfachen«, sagte Ulrich Fleps von Parking Solutions bei der Scheidt & Bachmann GmbH. Mit der zunehmenden Digitalisierung fallen immer mehr Daten an, die für das kommunale Parkraummanagement genutzt werden können. Hier setzt der Cloud-Service, den KODIS gerade im Projekt »park-an« entwickelt, an. Kommunen wissen zwar recht genau, wie ihre Parkhäuser ausgelastet sind. Doch sie nutzen diese Daten nicht immer systematisch. Der Cloud-Service soll es für Kommunen einfacher machen, die vorhandenen Daten zusammenzuführen und zu analysieren. In Zukunft könnten Kommunen stets bis ins Detail über die Parksituation informiert sein. Leitsysteme könnten Autofahrer über freie Parkplätze informieren. »Jede Runde, die bei der Parkplatzsuche vermieden wird, spart COund Nerven ein«, betont Handrich. 

»Eine Herausforderung ist es, Aussagen über das Parken auf der Straße zu treffen«, sagt Handrich. Um an Daten über die Auslastung der Plätze zu kommen, könnte man Sensoren in die Parkplätze einbauen. Aber für eine ganze Stadt sei das zu teuer und die Sensoren seien z.T. wartungsintensiv, erklärt Handrich.

Im Forschungsprojekt »Parkko«, welches vom Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg sowie der Stadt Heilbronn finanziert wird, will KODIS gemeinsam mit dem Amt für Straßenwesen, im Projekt »Datenbasiertes Management im Straßenraum« (DaMaSt) nun einen Straßenzug in Heilbronn mit Sensorik ausstatten – so soll geprüft werden, ob die ebenfalls entwickelten Prognosen über die Auslastung der Parkplätze der Realität entsprechen. Für die Prognosen wollen die Forscherinnen und Forscher Daten nutzen, die bereits vorhanden sind. Sie greifen auf Informationen von Ampel-Zählschleifen zurück, schauen sich die Zahl der privaten Stellplätze und die Anzahl der ausgegebenen Parktickets an. Wenn die Prognosen mit der Realität übereinstimmen, ließe sich die Parksituation künftig auch stochastisch ermitteln. Einer von vielen Ansätzen, an denen KODIS gemeinsam mit seinen Partnern forscht. Die haben zwar unterschiedliche Perspektiven auf das Thema, aber dasselbe Ziel: Städte noch lebenswerter zu gestalten.

Termine

Die nächste Konferenz der »Innovationsplattform Parken« findet am 6. und 7. Februar 2024 in Heilbronn statt.
Anmeldungen sind voraussichtlich ab Juni 2023 über die Website möglich. 

Unsere Angebote im Bereich »Parkraummanagement und Mobilität«

Projekt

»Parkko«